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Freitag, 15. April 2011
Freitag, 1. April 2011
Todeszone - Nach dem Super-GAU in Biblis 4-5 *
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D 1991 - Viel Aufregung um einen Film, der: wiedie Kritik nach der Sendung verwundert konstatierte: keine Horrorgeschichte im Hollywood-Stilpräsentierte, sondern sich strikt an die Fakten hielt: klar, sachlich und kühl. Und der geradedeshalb eine nachhaltige Wirkung erzielte: Ein beklemmendes Dokument über eine Katastrophe, dietatsächlich stattfinden könnte: jederzeit. Ein Bus fährt langsam über die mittelalterlicheTauber-Brücke. Die Passagiere tragen Atemschutzmasken und weiße Schutzanzüge. Sie sind auf demWeg in eine Geisterstadt: Rothenburg. Menschenleere Plätze, Straßen ohne Autos, Häuserzeilen mitverschlossenen Fensterläden, stillgelegte Büros und Fabriken. Frankfurt am Main, Darmstadt,Rüsselsheim: verbotenes Gebiet. Dies sind Bilder aus der Sperrzone, drei Monate nach derKatastrophe, dem Supergau im Atomkraftwerk Biblis. Mehr als zehntausend Quadratkilometer hat derKrisenstab in Bonn räumen lassen, in der Nacht und den Tagen nach der Kernschmelze. Zum erstenmaldarf eine Gruppe ausgewählter Journalisten die Todeszone betreten. Ein Film über den undenkbarenUnfall, der gleichwohl in Risikostudien und Katastrophenschutzplänen berechnet, aber nicht zu Endegedacht wird. Eine Fiktion mit dokumentarischen Fakten, die das Unsichtbare zwischen den Zeilenwissenschaftlicher Abhandlungen sichtbar macht. Ein Dokumentarspiel, in dem sich Politiker undWissenschaftler zu den Folgen der Katastrophe äußern. Und in dem Menschen aus der Regionpersönlich erleben, was der Begriff "Restrisiko" bedeutet. Schon während der Dreharbeiten fürdiesen Film polemisierten die Stromkonzerne gegen das Projekt. Von "Panikmache" und "sachlicherUnkenntnis" war die Rede. Die Atomlobby ließ kurz vor der Erstausstrahlung eine Sonderbeilage fürdie Lokalpresse der Region drucken: darin frei erfundene Behauptungen über das Szenario, das demFilm zugrunde lag. Ein "Bürgertelefon" und großformatige Anzeigen in führenden deutschenTageszeitungen sollten die Bevölkerung nach der Sendung beruhigen.
potudan 4
In einer Straße dieser Stadt, die unmittelbar auf ein Feld hinauslief, stand ein Holzhaus mit grünen Fensterläden. In diesem Haus hatte einst eine ältere Witwe, eine Lehrerin der städtischen Schule, zusammen mit ihren Kindern gewohnt, einem Jungen von zehn Jahren und einem hellblonden Mädchen namens Ljuba von fünfzehn Jahren. Vor einigen Jahren hatte Nikitas Vater diese Witwe heiraten wollen, von diesem Vorhaben aber bald wieder Abstand genommen. Zweimal hatte er Nikita mitgenommen, der damals noch ein kleiner Junge war, und Nikita hatte dort Ljuba gesehen, ein nachdenkliches Mädchen das Bücher las und den Gästen keinerlei Beachtung schenkte.
Die alte Lehrerin bewirtete damals den Tischler mit Tee und Zwieback und sprach über die Aufklärung des Volkes und die Reparatur der Schulöfen. Nikitas Vater saß die ganze Zeit stumm da; er war verlegen, er räusperte sich, hüstelte, rauchte Zigarren und trank darauf schüchtern Tee aus der Untertasse, ohne einen Zwieback anzurühren, weil er angeblich satt war.
In der Wohnung der Lehrerin, in den beiden Zimmern und der Küche, standen Stühle und hingen Vorhänge an den Fenstern. In einem Zimmer befanden sich ein Klavier und ein Kleiderschrank, in dem andern Betten, zwei mit rotem Samt überzogene Polstersessel, und in den Wandregalen waren viele Bücher untergebracht – sicher eine Gesamtausgabe. Diese Einrichtung war dem Vater und dem Sohn allzu reich vorgekommen, und nach den zwei Malen stellte der Vater seine Besuche bei ihr ein. Er war nicht einmal dazugekommen, ihr zu sagen, daß er sie heiraten wolle. Aber Nikita hätte gern das Klavier und das nachdenkliche, lesende Mädchen wiedergesehen; deshalb bat er den Vater, die alte Frau doch zu heiraten, damit man sie wieder besuchen könne. „Es geht nicht, Nikita!“ hatte sein Vater darauf gesagt. „Ich bin zu ungebildet, worüber sollte ich mit ihr reden? Und wenn wir sie zu uns einladen würden, müßten wir uns schämen: Wir haben kein Geschirr, und etwas rechtes zu essen, können wir auch nicht anbieten ... Hast du die Sessel gesehen, die sie haben? Das sind ganz alte aus Moskau! Und den Schrank? Die ganze Vorderseite von feinstem Schnitzwerk bedeckt – ich versteh was davon! .. Und die Tochter! Sie wird sicher einmal studieren.“
Und nun hatte der Vater seine alte „Braut“ schon seit einigen Jahren nicht mehr gesehen, wenn er auch manchmal Sehnsucht hatte oder einfach nur an sie denken mußte.
Am Tag nach seiner Rückkehr aus dem Bürgerkrieg, ging Nikita ins Kriegkommissariat, um sich für die Reservetruppe einzutragen. Danach durchwanderte er seine ihm so vertraute Heimatstadt, und bei dem Anblick der altmodischen niedrigen Häuser, der verfallenen Pfahl- und Flechtzäune und der wenigen Apfelbäume in den Höfen, von denen viele schon abgestorben und für immer verdorrt waren, zog sich ihm das Herz zusammen. In seiner Kindheit waren diese Apfelbäume noch grün gewesen, die einstöckigen Häuser waren ihm groß und reich und von geheimnisvollen, klugen Menschen bewohnt erschienen, die Straßen waren damals lang, die Kletten standen hoch, und das Unkraut auf den unbebauten Flächen und in den verwilderten Vorgärten war ihm in jener längst vergangenen Zeit wie ein unheimlicher Wald vorgekommen. Nun sah Nikita, wie niedrig und jämmerlich diese kleinen Häuser waren und das man sie streichen und ausbessern müsste; daß sich das Unkraut auf den bebauten Flächen ärmlich ausnahm, daß sein Wuchs nicht angst machte, sondern wehmütig stimmte, und das es nur von alten geduldigen Ameisen bevölkert wurde; daß die Straßen nur zu bald im offenen Feld und im hellen Raum des Himmels endeten – daß die Stadt einfach nur klein war. Nikita zog daraus den Schluß, daß er schon viel gelebt haben mußte, wenn große, geheimnisvolle Dinge sich in kleine, langweilige verwandelt hatten.
Langsam ging er dem Haus mit den grünen Fensterläden vorbei, in dem er einst mit seinem Vater zu Besuch gewesen war. Die grüne Farbe der Läden bestand mehr in seiner Erinnerung, in Wirklichkeit waren nur noch schwache Spuren davon übriggeblieben – die Sonne hatte sie gebleicht, der Regen hatte sie abgewaschen, das Holz sah hervor; das eiserne Dach des Hauses war stark verrostet, und sicher drang schon der Regen durch das Dach und durchfeuchtete die Zimmerdecke über dem Klavier. Nikita spähte aufmerksam durch die Fenster; Vorhänge gab es keine mehr, hinter dem Glas stand fremd das Dunkel. Er setzte sich auf die Bank neben der Pforte des fast verfallenen, ihm doch so bekannten Hauses. Vielleicht, so dachte er, würde jemand auf dem Klavier zu spielen beginnen, dann würde er der Musik lauschen. Aber im Haus blieb alles still. Nach einer Weile schaute er durch eine Ritze im Zaun auf den Hof; dort wucherten Brennesseln, ein Pfad führte durch das Gestrüpp zu einem Schuppen und drei hölzerne Stufen zu dem Flur des Hauses empor. Wahrscheinlich waren die Lehrerin und ihre Tochter Ljuba schon lange tot, und der kleine Junge war als freiwilliger in den Krieg gezogen...
Nikita machte sich nach Hause auf. Der Tag ging zu Ende – bald würde der Vater heimkommen, um sich rasch hinzulegen; dann mußte man mit ihm überlegen, wie es weitergehen sollte und wo er Arbeit finden könnte.
Bild von daniil wenik
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